Bozena M. Ficht-Maciekowska spielte Chopins Sonate in Lahr

Bozena M. Ficht-Maciejowska interpretierte Chopin musikalisch und wissenschaftlich. ©Jürgen Haberer
Bozena M. Ficht-Maciejowska interpretierte Chopin musikalisch und wissenschaftlich. ©Jürgen Haberer

In einem Klavierrezital tauchte Bozena M. Ficht-Maciejowska, Leiterin der »International Fryderyk Chopin Music Academy«, am Samstag in das musikalische Oeuvre ihres berühmten Landsmannes ein. Im Zentrum des Abends stand die Sonate in b-Moll (Opus 35), zu der die Interpretin eine musikwissenschaftliche Analyse vorgelegt hat. 

Die selbst aus Polen stammende Klavierprofessorin hat nicht nur die 2015 in Lahr gegründete Akademie nach Frédéric Chopin benannt. Bozena M. Ficht-Maciejowska zählt zu den großen Bewahrerinnen und Kennerinnen Chopins Werkes, zu den ausgewiesenen Spezialisten, die dem Komponisten auch auf der musikwissenschaftlichen Ebene ihre Referenz erweisen. 
 

Ficht-Maciejowska hat sich in einem von der Fachwelt viel beachteten Buchprojekt mit der 1839 fertiggestellten Sonate in b-Moll auseinandergesetzt, ist eingetaucht in ein musikalisches Mysterium, das bereits die Zeitgenossen Chopins intensiv beschäftigt hat. Sie hat zusammengetragen, was andere über die Sonate geschrieben und gesagt haben und das Werk selbst einer umfassenden Analyse unterzogen. 

Aufschlussreiche Analyse

Ihr Hauptaugenmerk galt dabei dem gerade einmal 77 Takte umfassenden Finale, dem Robert Schumann die Aura einer rätselhaft lächelnden Sphinx attestiert hat. Bozena M. Ficht-Maciejowska ist am Ende zu dem Schluss gekommen, dass Chopin in dem an seinen berühmten Trauermarsch anknüpfenden Finale eine transzendentale Idee von Leben, Tod und Wiedergeburt zum Klingen gebracht hat. Ihre Analyse hat sie in einem nun auch in deutscher Sprache vorliegenden Buch zusammengefasst, das auf rund 200 Seiten tiefer in das musikalische Mysterium vordringt, als jede andere Veröffentlichung zuvor.

Das Buch selbst stand am Donnerstag im Zentrum eines gut einstündigen Vortrags, am Samstagabend folgte dann die musikalische Auseinandersetzung mit Chopin. Das vom Lions Club Lahr/Ortenau organisierte Benefizkonzert tauchte ein in eine von Virtuosität und großer Innigkeit geprägte Klanglandschaft. Bozena M. Ficht-Maciejowska trotze dem eher spröden Klangraum, einer ehemaligen Kantine, eine wunderbar sinnliche Aura ab. 

Rätselhafte Sonate

Gleich zum Einstieg servierte sie die Ballade Nr. 1, in g-Moll (Opus 23), eine Tonschöpfung, im Spannungsfeld zwischen zarter Poesie und dramatischen, kraftvoll perlenden Einschüben. Danach dann eine Reihe Mazurkas und Walzer, die Polonaise in As-Dur (Opus 53). Eine Kette leicht federnder Harmonien, die in einem bisweilen fast tanzbaren Kontext immer wieder neu aufblühten. 
Als Finale dann die Sonate in b-Moll. Rätselhaft und aufwühlend bereits die ersten beiden Sätze, das Grave und das aufreizend verhalten angelegte Scherzo. Eine musikalische Offenbarung war der berühmte Trauermarsch, in dessen Mittelteil eine romantisch verklärte Signatur aufblitzte. Nahtlos war dann der Übergang in das gerade einmal zweiminütige Finale, eine ungestüme, kaum zu fassende Plauderei der beiden Klavierhände, die Bozena M. Ficht-Maciejowska brillant interpretierte.

28. März 2018,   Quelle: Baden-online,  Autor: Jürgen Haberer