Presseberichte


Ein musikalisches Trainingscamp

Auch Musiker aus Nigeria und Guatemala beim Cello-Meisterkurs in Lahr / Abschlusskonzert leidet an räumlichen Unzulänglichkeiten.

Musizieren im Lahrer Meisterkurs auf dem Zeit-Areal (von links): Nwuko Sunday Kelechi, Mercedes Villagran, Noah Wicklandt, Walter-Michael Vollhardt und Dorothea Kügler Foto: Juliana Eiland-Jung
Musizieren im Lahrer Meisterkurs auf dem Zeit-Areal (von links): Nwuko Sunday Kelechi, Mercedes Villagran, Noah Wicklandt, Walter-Michael Vollhardt und Dorothea Kügler Foto: Juliana Eiland-Jung

LAHR. Hat es sich gelohnt, für drei Tage Cello-Meisterkurs aus Nigeria und Guatemala nach Lahr zu kommen? Ja, unbedingt, finden der 17-jährige Nwuko Sunday Kelechi und die 16-jährige Mercedes Villagra. Und auch die beiden Teilnehmer, deren Anreise nicht ganz so weit war, die 20-jährige Musikstudentin Dorothea Kügler aus Vorarlberg und der 15-jährige Waldkircher Noah Wicklandt, zeigen sich sehr zufrieden mit dem Meisterkurs bei Walter-Michael Vollhardt an der "International Fryderyk Chopin Music Academy" in Lahr.

Anstrengend, sowohl körperlich wie auch mental, fanden die Vier das Pensum, das Walter-Michael Vollhardt den Nachwuchscellisten zugemutet hatte, aber genau so soll es auch sein. Zwar sind drei Tage für einen Meisterkurs, der auch technische Grundlagen vertieft, recht kurz, gibt Vollhardt im Anschluss an das Abschlusskonzert am Sonntagabend in der ehemaligen Kantine der Roth-Händle auf dem Zeit-Areal zu. "Da gilt es auch Dinge zu ändern, die sich über lange Zeit eingeschliffen haben. Es dauert, bis man das dann wirklich umsetzen kann im Konzert", weiß Vollhardt, aber die Anstöße, die er geben konnte, haben die jungen Musikerinnen und Musiker dennoch weitergebracht. Nwuko Kelechi, der in Lagos die "Muson School of Music" besucht und vor drei Jahren von der Geige auf das Cello gewechselt hat, kennt Walter-Michael Vollhardt als ständigen Gastdirigenten des "Muson Symphony Orchestra" in Lagos. Vom Meisterkurs nimmt er vor allem die Unbedingtheit und Genauigkeit mit, die Vollhardt von den Musikern fordert. Intonation, Bogenführung, Dynamik – nichts lässt Vollhardt durchgehen, wenn es nicht bewusst und klar gespielt ist.

Immer wieder fordert er seine Schüler heraus, lässt sie eine kurze Passage x-mal wiederholen, doch anstatt frustriert zu sein, dass ihr Lehrer so schwer zufrieden zu stellen ist, entwickelt sich ein großer Ehrgeiz, es wirklich perfekt zu machen. Vollhardt ist zwar unerbittlich, was die Qualität betrifft, aber auch ein großer Motivator und sympathischer Mensch, dem es ganz offensichtlich Spaß macht, mit jungen Menschen zu arbeiten. Sein Engagement reicht dank vieler internationaler Kontakte um die halbe Welt und spiegelt damit die Internationalität der Berufsmusikerszene wieder.

Vollhardt ist nicht nur stellvertretender Solocellist des Philharmonischen Orchesters Freiburg, sondern auch als Cellist und Dirigent in der Schweiz, Frankreich, Italien, Nigeria, Indien und Lateinamerika unterwegs. Als Mitglied eines Schülerorchesters in Guatemala lernte Mercedes Villagrań Vollhardt kennen – und hat seitdem per Skype Unterricht bei ihm.

Vollhardt bezeichnet seine vielfältigen Aktivitäten vor allem in Lateinamerika und Afrika auch als "musikalische Entwicklungshilfe" – ohne damit das dortige musikalische Niveau schlecht reden zu wollen. Aber "den technischen Standard, den Teilnehmer an Jugend musiziert hier in Deutschland zum Beispiel haben, erreicht man dort nur schwer", weiß er.

Brummender Kühlschrank, knarzende Stühle

Gleichwohl wissen auch die hiesigen Schüler zu schätzen, was Vollhardt ihnen im Meisterkurs mitgeben konnte. "Als Celloschüler spielt man eher alleine oder im großen Orchester, aber selten im kleinen Ensemble", berichtete Noah Wicklandt. "Aufeinander hören, wirklich auch zusammenzuspielen", das war neben den technischen Übungen sein wichtigster Erkenntnisgewinn aus drei Tagen musikalischem Trainingscamp in Lahr.

Das Abschlusskonzert litt dann allerdings unter den wenig professionellen Bedingungen des Raumes: brummender Kühlschrank als Ostinato im Hintergrund, knarzende Stühle als ungewollte Begleitmusik, das könnte einen weniger gutmütigen Profi wie Vollhardt zur Verzweiflung bringen. Er aber kommentiert auch die kleineren Abstimmungspannen unter den Musikern lässig mit "Work in progress" und überlässt die Bühne seinen Schülern, die beides zeigen konnten: Ihr solistisches Können mit Stücken unter anderem von so unterschiedlichen Komponisten wie Johann Sebastian Bach und Hans-Werner Henze, oder als Quartett mit einer Elegie von Guiseppe Cantarelli, einem schwingend-wellenartigen Klanggemälde von Arvo Pärt und zum Schluss mit drei spanischen Stücken von Bryan Kelly.

Und so konnte dann auch das Publikum mitbekommen, was Mercedes Villagra, die mit ihren 16 Jahren schon fünf Meisterkurse in Guatemala besucht hat, über ihre Erfahrung in Lahr urteilt: "Hier gibt es einen viel höheren Anspruch, die Arbeit ist intensiver, und zugleich persönlicher und lustiger."